Vermutlich lassen sie sich an den Fingern einer Hand abzählen – die italienischen Hotels, die eine Bilanz der Gemeinwohl-Ökonomie aufstellen. Hotels mit einer alternativen Unternehmenskultur also, deren wesentlichen Ziele nicht Gewinn und Wettbewerb lauten, sondern Gemeinwohl und Kooperation. Wenn ein Unternehmen nicht nur eine Gewinn-, sondern auch eine Gemeinwohlbilanz aufstellt, heißt das, dass für die Unternehmensführung auch Kriterien wie soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit, demokratische Mitbestimmung und Unternehmenssolidarität bewertet werden. Unser Hotel stellt seit 2012 eine solche Wirtschaftsbilanz auf, anhand von Parametren, die sich auf Kernwerte beziehen wie etwa das Positive, das unser Unternehmen für die Gemeinschaft leistet, oder die Auswirkungen unseres Wirtschaftens auf die Umwelt. Wir erheben die Gehaltsunterschiede innerhalb des Betriebs, quantifizieren die Umwelteffekte von Produkten und Aktivitäten, kalkulieren auch das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und wie sie in das Unternehmen eingebunden sind. Die Gemeinwohlbilanz ersetzt die Gewinnbilanz nicht, aber sie ergänzt sie.
Die dramatische Lage, in der sich unsere Welt aktuell befindet, macht deutlich, dass die globale Krise nicht nur Wirtschaft und Finanzen betrifft, sondern dass es mindesten genauso um Ökologie geht, um Ressourcenverteilung, um Demokratie und andere fundamentale Werte unserer Gesellschaft, unseres Zusammenlebens. Das wachsende Unbehagen immer breiterer Kreise lässt in dieser Hinsicht zum Glück ein neues Bewusstsein entstehen, und unsere Hoffnung ist, dass aus dieser aktuellen Krise ein Geist erwachsen möge, welcher die Idee des Gemeinwohl mit neuem Leben und neuem Feuer erfüllt. Bei uns im La Perla jedenfalls sind wir alle davon überzeugt. Die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie hat in unserem Haus zu gewissen Entscheidungen geführt: Zum Beispiel servieren wir weder Coca-Cola noch Prosecco. Wir laden unsere Gäste dazu ein, öfter mal vegetarisch zu essen. Wir nehmen keine Anfragen von Auto- oder Motorradrallyes an, servieren ausschließlich Dolomiten-Quellwasser, arbeiten in unseren Büros fast ohne Papier und bemühen uns, die Prinzipien der Gemeinwohl-Ökonomie auch in unserem Alltag zu leben.